RÜCKGEWINNUNG DES GOS D'ATURA CATALÀ

AUF GENETISCHEM WEG

UND REDUKTION DER DYSPLASIE



Alle Hunderassen in der Phase der Rückgewinnung - wie es der Fall bei unserem Gos d'Atura Català ist - haben eine geringe Anzahl an „effektiven“ Reproduktoren. Wir müssen diese Exemplare berücksichtigen, da sie verwendet werden für die Züchtung zukünftiger ausgewählter Hunde. Diese Anzahl eingesetzter Exemplare ist niedriger als die der gegenwärtig eingesetzten Hunde. Gewöhnlich zielt jeder Züchter oder Liebhaber darauf ab, Kontinuität bei der Züchtung zu wahren, indem einige Hunde stärker als andere eingesetzt werden.

Dieses trägt auf lange Sicht zu einem Anstieg der Blutsverwandtschaft bei, die eine Abnahme der positiven Merkmale und einen Anstieg bestimmter genetischer Krankheiten hervorrufen kann. Dieses passiert bei allen Rassen in der Phase der Rückgewinnung. Dies ist kein ausschließliches Problem unserer Rasse, aber zum Wohl unseres Gos d'Aturà ist es erforderlich, eine Strategie zu entwickeln, um die negativen Auswirkungen dieser Situation zu minimieren, die sowohl den Anforderungen des Clubs und der Züchter als auch den Bedingungen nationaler und internationaler Bestimmungen genügen.

Der genetische Weg, den ich im Titel dieses Artikels vorschlage, ist individuell schwer zu realisieren, doch gemeinschaftlich leichter umzusetzen.

Um eine messbare Verbesserung bei jeder Gattung zu erhalten, ist es notwendig, die Ergebnisse der Reproduktion von Tausenden von Exemplaren zu berücksichtigen. Jede Arbeitsgruppe soll sich nur auf eine einzige Verbesserung spezialisieren. Sind die angestrebten Verbesserungen einmal erreicht, gilt es, die verschiedenen Verbesserungen miteinander zu verknüpfen, um das angestrebte Ergebnis zu erreichen. So wird bei Getreide, Obst, Kaninchen, Kühen usw. verfahren. Es ist das System der quantitativen Genetik, mit dem messbare Verbesserungen in wenigen Jahren erreicht werden können.

Eine sehr schnelle Verbesserung kann durch Molekulargenetik erzielt werden, die auf der Veränderung im Genom basiert. Mittels dieser Technik werden sehr schnell Ergebnisse erzielt.

Jede Veränderung eines spezifischen Merkmals von seiten des Menschen, die sich im ursprünglichen Lebensraum nicht manifestiert, ist eine genetische Veränderung, die wir Menschen schon immer praktiziert haben. Jedes offenkundig neue Merkmal ist in der ADN (dem Genom) jeder Gattung seit dem Ursprung der Rasse enthalten.

Die genetische Verbesserung in kleinen Kernen mit dem Ziel, vielfältige Verbesserungen zu erreichen, ist sehr schwierig. Leichter ist es, wenn ein gemeinsamer Weg gewählt wird und Herkunfts- und Abstammungskontrollen durchgeführt werden. Obwohl die von den Züchtern verfolgten Ansätze löblich sind, so müssen wir doch erkennen, dass ein Züchter mit sechs oder sogar bis zu zwanzig Hunde in der Züchtung nicht Züchtungen im eigentlichen genetischen Sinn vollziehen kann.

Gegenwärtig sind die von den Züchtern erreichten Verbesserungen auf folgende Schwerpunkte zurückzuführen:

a) Ein hoher Kostenaufwand, um die Nachkommenschaft durch Kreuzungen von männlichen und weiblichen Preishunden zu verbessern, indem sie versuchen, die Standardmerkmale zu sichern. Dieses Auswahlkriterium der Zuchthunde kann nicht als „genetisch“ bezeichnet werden.

b) Ein Schwerpunkt ist das „gute Auge“ des Züchters. Dieser „künstlerische“ Standpunkt, den exzellente Züchter verfolgen, ist die Grundlage, um zukünftige preiswürdige Hunde zu erkennen und auszuwählen.

c) Die Untersuchung der Herkunft, die notwendig ist, um die Qualität der Eltern und Großeltern zu kennen und um Endogamie zu vermeiden. Dieses, gut durchgeführt, beginnt "genetisch" zu sein.

Die mangelnde Vielfalt trägt zu Blutsverwandtschaft bei und beeinflusst - wie die ersten negativen Ergebnisse zeigen - die biologischen Merkmale der gesamten Population: Verringerung der Kraft, Abnahme der Fortpflanzungsfähigkeit, Abnahme der Wurfgröße oder der Homogenität bei den Welpen, höhere Sterblichkeit, Zunahme der Fälle von Dysplasie etc.

Im Hinblick auf die Vereinheitlichung der Kriterien und eine Vorgehensweise zur Auseinandersetzung mit der eigentlichen Problematik stellen sich drei Fragen: der Grad der Blutsverwandtschaft, die Kontrolle der Abstammung und die Dysplasie der Hüften. Die im folgenden beschriebenen Normen sind ausschließlich praktischer Ausrichtung. Ich verzichte auf die Wiederholung genetischer Grundsätze, gemäß Mendel und Lamark. Ich hoffe, dass sie den Züchtern unserer Rasse als nützlich bekannt sind.


1. Grad der Blutsverwandtschaft


Die Untersuchung der Abstammung, die alle Züchter bereits durchführen, gibt uns die mögliche Zunahme der Blutsverwandtschaft an. Häufig besteht die Hauptmotivation, die Abstammung zu kennen, darin, die Qualität eines Wurfs besser zu kennen und einschätzen zu können, wenn irgendein preisgekrönter Hund unter den Vorfahren existiert. Die Kenntnis von Eltern, Großeltern und Urgroßeltern dient jedoch noch zu mehr: Blutsverwandtschaft zu vermeiden.


Die Empfehlung ist sehr einfach:

„Schon bei Betrachtung der Namen von 8 Urgroßeltern sehen wir schon, ob es Wiederholungen gibt. Im Idealfall, zur Vermeidung von Blutsverwandtschaft, sollte es keine Wiederholung geben.“

Eine logische Folge zur Vermeidung von Wiederholungen bei Urgroßeltern ist die Einführung neuer Zuchthunde, deren Stammbäume möglichst weit von den vorliegenden entfernt ist, die aber eine größtmögliche Ähnlichkeit aufweisen, gesund sind und durchgängig kontrolliert sind.

„Bei der Auswahl zukünftiger Zuchthunde gilt es, einen einzigen Hund auszuwählen, der von einem der Rüden abstammt, die wir verwenden, und als zukünftige Weibchen eine Hündin auszuwählen, die aus unserer Zucht stammt. Die Kreuzungen unter diesen Nachkommen soll zufällig sein. Mit den neuen Zuchthunden kann gleichermaßen vorgegangen werden.“

Mit dieser Formel können wir die Zunahme der Blutsverwandtschaft ermitteln. Sie ist auf langfristige Ergebnisse angelegt. Die Gleichung der Professoren Jordana und Piedrafita ist folgende:


%IC = (300 / 32 x nM) + (100 / 32 x nH)


IC beschreibt die Zunahme der Blutsverwandtschaft. (Wir sollten an streben, dass der Prozentsatz möglichst gering ist, bestenfalls 1% nicht übersteigt.) nM stellt die Anzahl der Rüden dar, über die wir bei der Zucht verfügen; nH ist die Anzahl der Weibchen.

Betrachten wir drei Beispiele:

a) Wenn wir vier Rüden und 6 Weibchen haben:


%IC = (300/32 x 4) + (100/32 x 6) = 2,86%


b) Wenn wir 3 Rüden und 10 Weibchen haben:

% IC = (300/32 x 3) + (100/32 x 10) = 3,33%


c) Wenn wir 12 Rüden und 20 Weibchen haben:


%IC = (300/32 x 12) + (100/32 x 20) = 0,94%


Wir sehen, dass im Fall b), trotz einer höheren Anzahl an Weibchen, die Zunahme der Blutsverwandtschaft höher ist, und die Situation somit schlechter ist als in Fall a). Die Situation c) ist schon wesentlich besser, da eine höhere Anzahl männlicher Zuchthunde zur Verfügung steht. Außerdem müssen wir erkennen, dass die Daten aller Vorfahren der Zucht bekannt sind; nur so kann eine Verbesserung konstant erreicht werden. Mit Hilfe der Informatik lassen sich mittels einer Simulation mögliche Ergebnisse vorhersehen, doch nur dann, wenn wir detaillierte Kenntnisse über die Urgroßeltern, die Großeltern und die Eltern haben.

Wir können uns nicht ausschließlich auf die individuellen Ergebnisse verlassen, denn auch ein großer Preisträger mit perfekten Formen und hervorragendem Charakter kann Träger einer Anomalie sein, die nicht ersichtlich ist, aber bei seinen Nachfahren auftreten kann. Dies bringt uns zum folgenden Abschnitt.


2. Kontrolle der Abstammung


Da es unmöglich ist, Träger irgendeiner Anomalie direkt zu erkennen, ist es unerlässlich, ein gutes Programm zum NACHWEIS DER HERKUNFT zu entwickeln, um mögliche Anomalien bei Nachkommen oder Geschwister im genetischen Bereich zu erkennen. Dies gilt auch für das Temperament oder pathologische Veränderungen.

Neben gut sichtbaren Anomalien sind diese Hunde Träger von genetischen Merkmalen, die sich sowohl in ihrem Fenotyp (physische Manifestation der genetischen Basis) als auch in ihrem Genotyp (genetische Information) manifestieren.

Die Kontrolle der Abstammung ist somit auf die physische Untersuchung der eigenen Zuchthunde als auch auf an Kunden oder andere Züchter verkaufte Exemplare anzuwenden. In vielen Fällen wird dies bei den Hunden der Kunden durchgeführt, doch eher als Serviceleistung, und nicht als genetische Kontrolle. Es wird uns von großer Hilfe sein, wenn sich die biochemischen Untersuchungen der Blutproteine und die Untersuchungen zur ADN normalisieren, so wie es in einigen Ländern und bestimmten Klubs bereits praktiziert wird.

Es wäre ein großer Fortschritt, wenn die Mehrheit der Züchter des Gos d'Atura Català diese Untersuchungen zur Herkunft umsetzen würden, trotz der Kosten, die dadurch entstehen. Im Hinblick auf die Zukunft gibt es keine bessere Alternative zur Verbesserung der Situation und zur Vermeidung einer Zunahme von Problemfällen wie Hüftdysplasien, von denen wir im folgenden sprechen werden.


3. Die Hüftdysplasie


Es ist allseits bekannt, dass Hüftdysplasien, die sich fenotypisch, also physisch, zeigen, zum Teil aus Erbmaterial poligener Natur resultieren (bedingt durch das Zusammenwirken verschiedener Gene), zum Teil umwelt- oder ernährungsbedingt sind. So ist es durchaus möglich, dass eine gute Haltung und eine gute Ernährung dazu beitragen, dass leichte Fälle von Dysplasie nicht sichtbar werden. Es darf nicht vergessen werden, dass diese leichten Fälle, kaum sichtbar, auch Träger und mögliche Überträger entsprechenden Genmaterials sind.

Vom genetischen Standpunkt gibt es nur zwei Möglichkeiten: ein betroffenes oder ein nicht betroffenes Exemplar. Die Klassifizierung der Dysplasie in verschiedene Stufen der Schwere ist nur ein Notbehelf angesichts der Furcht vor dem enormen Opfer und den Kosten, die die völlige Eliminierung der Krankheit mit sich bringen würde.

Ich weiß sehr wohl welch Durcheinander und welchen Aufruhr der Ausschluss von Rüden und Weibchen mit leichtesten Anzeichen ,von Dysplasie auslösen würde. Ich wage auch nicht, die schlagartige Umsetzung zu fordern, aber es ist ein Ansatz, den wir ernsthaft in Erwägung ziehen müssen, im Hinblick auf die Zukunft. Auf jeden Fall möchte ich in diesem Zusammenhang drei Vorschläge formulieren:

1. Wir sind uns einig, dass die Clubs - auch der Club des Gos d'Atura Català - keine Rüden oder Weibchen für die Zucht empfehlen sollten. die die geringsten Anzeichen von Hüftdysplasie aufweisen; selbst wenn sie Preisträger sind! Es wäre leichtsinnig, diese Exemplare ohne Kontrolle zuzulassen, da in allen Fällen das Risiko der Übertragbarkeit der Dysplasie besteht.

2. Eine weitere Verbesserungsmöglichkeit wäre die Forderung von seiten des Clubs, ein Zertifikat mit der Garantie „völlig frei von Dysplasie“ von beiden Elternteilen als unerlässliche Bedingung für die Zucht zu fordern. Dies mag ein schwerer Schlag für einige sein, aber es muss in einer allgemein gültigen Weise für alle Rassen gefordert werden, um niemanden zu benachteiligen, zum Wohl aller.

3. Ich schlage vor, dass wir eine einheitliche Übereinkunft über die Eliminierung der Dysplasie mit anerkannten Techniken und der Mehrzahl unserer Züchter anstreben, um diese der zentralen Administration vorlegen zu können. (1)

Wie schon erwähnt, scheinen Haltung und Umfeld ebenso wie die Ernährung Einfluss auf die Manifestation von Dysplasien zu nehmen. Es scheint auch eine mögliche direkte Verbindung zu bestehen zwischen der Manifestation der Veränderung und der vorgenommenen Selektion (Jordi Cairó, 1985). Dies zeigt sich, wenn die höheren Prozentsätze und die Schwere der Dysplasie bei preisgekrönten Hunden im Vergleich zur normalen Population betrachtet.

Es wäre empfehlenswert, die radiographischen Untersuchungsergebnisse coxofemoraler Ausprägungen einer großer Anzahl von Hunden zusammenzustellen und sich nicht nur auf anerkannte Eliteexemplare als Zuchthunde zu beschränken.

Selbstverständlich sollen alle Hunde, die als Zuchthunde ausersehen sind, einer diagnostischen Untersuchung im Hinblick auf Dysplasie unterzogen werden, insbesondere die Rüden. Dies ist unerlässlich, um eine gänzliche Eliminierung der Krankheit zu erreichen. Diejenigen, die versuchen, ein paar Tausend Peseten zu "sparen", und damit vielleicht hunderte von Nachkommen "infizieren" tun dem gesamten Züchterverbund damit keinen Gefallen!

Mit den drei vorgestellten Vorschlägen liegt genügend Material vor, um ein Programm vorzuschlagen, das auf fünf oder sechs Jahre gesehen, die Überträger der Dysplasie auslöschen kann. Das Programm könnte auch andere genetische Probleme lösen oder verringern, indem man auf die vorliegenden Daten zurückgreift. Ich weiß, dass es schwer sein wird, eine allgemeine Übereinkunft zu finden, aber wir müssen eines Tages den ersten Schritt tun. Dies alles wird zugunsten des Gos d'Atura und den zukünftigen Liebhabern der Rasse sein.


(1) Momentan verfügt unser Club schon über die Zustimmung der RSCE, um das Zertifikat zur Freiheit von Dysplasie verpflichtend zu machen, aber es ist der Wunsch der Vereinigung, dass die Umsetzung sorgfältig durchdacht und mit einer größtmöglichen Mehrheit der Leute von Gos d'Atura verabschiedet wird.

Verfasser des Artikels ist Jaume Camps Rabadà, Tierarzt. Der Originalartikel ist zu finden in: „Revista del Club del Gos d'Atura Català 25/01“

Frau Knippenberg-Möbus hat diesen Artikel privat übersetzen lassen. Jegliche Vervielfältigung oder Veröffentlichung dieser Übersetzung bedarf der schriftlichen Zustimmung von Frau Knippenberg-Möbus!

Anmerkung von K. Möbus:

In der Winterausgabe der Clubnachrichten des CCH e. V. konnte man die Ausführungen eines Juristen zur HD lesen. Dort wurde behauptet, dass sich ein Bänderapparat straffen kann. Ein wirklicher Beweis für diese These konnte nicht geführt werden. Wenn spanische Züchter - wie dort zu lesen war - gewisse Erfahrungen in diese Richtung gemacht haben, ist das sicher schön für die Züchter. Allerdings scheint der spanische Tierarzt Herr Jaume Camps Rabadà diese Erfahrungen nicht zu kennen. Seine Meinung zur Zucht ist doch: Nur HD freie Tiere sollten zur Zucht benutzt werden, egal wieviel Titel der jeweilige Hund auf Ausstellungen gewonnen hat. Ich - Klaus Möbus - wünschte mir, dass die Vorschläge von Herrn Jaume Camps Rabadà nicht nur in Spanien sondern auch in Deutschland Gehör finden und schnellstens umgesetzt werden! Es ist wenig hilfreich, wenn sich ein Jurist in die Tierzucht einmischt und glaubt, auch noch in der Tierzucht ohne ausreichende Kompetenz mitreden zu können.

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© Klaus Möbus, 22. 9. 2002